Wandern in Stille: Im Herbst unterwegs im Erzgebirge
Auf dieser Wanderreise begleiten mich Gefühle, die aufs Erste widersprüchlicher nicht sein könnten: Das Gefühl, dass all die guten Dinge gleich geblieben sind, dass sich die Weite der Landschaft des Erzgebirges, die Stille der Wälder und die Ursprünglichkeit der Orte seit meinen letzten Besuchen nicht verändert haben. Und doch fühle ich auch, dass dieses Mal alles anders ist.
Ich bin auf dem Höhenzug an der deutsch-tschechischen Grenze unterwegs. Die Hügel und Wälder des Erzgebirges erstrecken sich südlich von Dresden, Chemnitz und Zwickau. Am besten sind sie auf dem Kammweg Erzgebirge-Vogtland zu erkunden. Dieser 287 Kilometer lange Weitwanderweg ist in offiziell 17 Etappen eingeteilt. 115 Kilometer habe ich auf meinen beiden ersten Reisen durch die Region bereits zurückgelegt. Im Herbst aber war ich noch nie hier. Die Landschaft, die ich mittlerweile zu kennen gedachte, liegt dieses Mal deshalb vor mir, als wäre sie eine für mich gänzlich neue. Ich freue mich riesig, sie zum ersten Mal dann zu erleben, wenn die Natur die grünen Monate in den schönsten Farben verabschiedet.
In diesem Beitrag stelle ich dir zwei Etappen des Kammwegs Erzgebirge-Vogtland vor sowie eine Tageswanderung rund um das beschauliche Dorf Sosa.
Werbehinweis: Ich bin glücklich, dass ich mit Erzgebirge Tourismus zusammenarbeiten darf. Diese Touren habe ich auf Einladung der Region erlebt, daher gilt dieser Artikel als Werbung für diesen Kooperationspartner. Meine Meinung wird dadurch aber freilich nicht beeinflusst.
Von Johanngeorgenstadt nach Weitersglashütte (Etappe 11)
Ich habe ein bisschen Respekt vor diesem Tag, wenn ich ganz ehrlich bin. Einerseits, weil schließlich nicht weniger als 20 Kilometer mit über 600 Höhenmetern anstehen. Andererseits, weil ich in den vergangenen Wochen viel zu viel Zeit drinnen verbracht und öfter auf Bildschirme geschaut habe als in die Natur. Das bedeutet einerseits, dass ich etwas außer Form bin. Und andererseits, dass ich nichts lieber möchte, als mich gemächlich durch die Natur treiben zu lassen, als innezuhalten und alle einzelnen Momente in Ruhe aufzusaugen. Und das wiederum passt nicht hundertprozentig mit der Länge dieser Etappe zusammen. Dachte ich. Und dann war dieser erste Tag im Erzgebirge dennoch genau das, was ich mir gewünscht hatte.
Als ich an diesem Morgen in Johanngeorgenstadt loslaufe, hängt der Nebel tief. Die kühle, frische Waldluft, das gedämpfte Licht, das vorsichtige Zwitschern der Vögel, die den Winter bereits erahnen: All das fühlt sich an wie eine warme Umarmung. Je tiefer ich in den dichten Wald eintauche, desto besser kann ich aufatmen. Und mich beschleicht ein bekanntes Gefühl, das ich während meiner letzten Wanderreisen im Erzgebirge lieben gelernt habe: Das Gefühl, dass die Weite hier so viel Platz bekommt, wie es andernorts nicht mehr möglich ist.
Einen buchstäblich hervorragenden Überblick über diese weite Landschaft bekomme ich nach meinem Aufstieg auf den Auersberg. Der ist mit seinen 1.018 Metern nicht nur der höchste Punkt dieser Etappe, sondern allgemein der dritthöchste Berg Ostdeutschlands. Als beliebtes Jagdrevier der sächsischen Kurfürsten erhielt er bereits im 17. Jahrhundert einen ersten hölzernen Turm. Heute bietet ein steinerner Aussichtsturm von 1860 eine herrliche Rundsicht bis ins Vogtland und das böhmische Erzgebirge.
Als ich mich nach einer ausgiebigen und aussichtsreichen Pause wieder auf den Weg mache, lasse ich es ruhig angehen. Vor mir liegt das letzte Drittel dieser Etappe. Der Abstieg vom Auersberg führt mich für ein paar Kilometer durch einen üppigen Laubwald. Im Sommer säumen Brombeeren am Wegesrand, um diese Jahreszeit fangen die Blätter an, ihre Herbstfarben anzunehmen. Ich passiere das kleine Örtchen Wildenthal und als ich die Skipiste quere, um auf der gegenüberliegenden Talseite Richtung Weitersglashütte aufzusteigen, löst der fürs Erzgebirge so typische Fichtenbergwald die Laubbäume ab.
Die Hauptstraße in Weitersglashütte erreiche ich schließlich ziemlich unvermittelt – denn der kleine Ort liegt beschaulich eingebettet in die weite Wald- und Hügellandschaft des Erzgebirges.
Tourdaten: 20 Kilometer, 620 Höhenmeter aufwärts, 420 Höhenmeter abwärts.
Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.
Übernachten: Nach meiner Anreise mit dem Zug habe ich die Nacht vor dieser ersten Etappe im Landhotel Rittersgrün in Breitenbrunn verbracht. Von den Betreibern wurde ich sowohl bei meiner Anreise vom Bahnhof in Schwarzenberg abgeholt als auch am nächsten Tag zum Startpunkt meiner Etappe in Johanngeorgenstadt gebracht. Es ist jedoch sicher sinnvoll, vor der Buchung abzuklären, ob solche Fahrleistungen in jedem Fall möglich sind.
Nach der ersten Etappe bin ich in der Pension Talblick in Eibenstock bin ich von der Gastgeberin unglaublich herzlich empfangen worden. Die Pension ist von außen recht unscheinbar, aber die Zimmer sind neu renoviert und richtig gemütlich. Abends wurde ich (nach vorheriger Anfrage) frisch bekocht und das Frühstück kann sich mit einem Buffet eines Sternehotels vergleichen lassen. Auch das Lunchpaket war so umfangreich, dass ich es kaum in meinen Rucksack gebracht habe. Also genau so, wie man es sich als Wanderer wünscht 🙂
Von Weitersglashütte nach Mühlleithen (Etappe 12)
Als ich mich im Vorfeld auf diese Wanderreise vorbereitet habe, ist mir aus der Etappenbeschreibung dieses Abschnitts zwischen Weitersglashütte und Mühlleithen ein Satz im Gedächtnis hängen geblieben: „Ein Highlight der Etappe ist der Wanderabschnitt entlang der Kammhöhe, der immer wieder herrliche Ausblicke ins Vogtland und die angrenzenden Täler eröffnet. An klaren Tagen kann man bis weit in die umliegenden Gebirgsregionen blicken und die Schönheit des Mittelgebirges in vollen Zügen genießen.“
Nun ja. Als ich an diesem Herbstmorgen loslaufe, ahne ich bereits, dass ich von all diesen Ausblicken keinen zu sehen bekommen werde. Aber weißt du was? Vielleicht ist die Stimmung, die mich stattdessen den Tag lang begleitet hat, noch viel schöner gewesen als jeder Weitblick. Unvergesslicher ganz gewiss. Ich bin so oft stehen geblieben wie selten zuvor und habe meine Kamera kaum mehr aus der Hand legen können. Auch ein Abstecher nach Carlsfeld lohnt sich an dieser Stelle. Hier steht die älteste Rundkirche Sachsens, die als Vorbild für den Bau der Frauenkirche in Dresden gedient hat. An Carlsfeld vorbei, laufe ich über einen sich schlängelnden Wanderweg immer tiefer in den Fichtenhochwald hinein. Dem Morgenröther Weg folge ich schließlich ins Naturschutzgebiet „Drei Bächel“. Irgendwo zwischen den Fichten, irgendwo in der Weite dieser Wälder, habe ich damit die Grenze zwischen Erzgebirge und Vogtland passiert. Eine große Rolle spielt das allerdings nicht, denn das Naturschutzgebiet „Drei Bächel“ ist so oder so ein besonderer Ort: Hier wächst der älteste Fichtenbestand Sachsens. Bis zu 235 Jahre sind diese Bäume alt. Der Rastplatz Drei-Bächle-Hütte liegt im Herzen dieses Naturschutzgebiets. Hier treffen mehrere Wanderwege aus unterschiedlichen Richtungen zusammen. Es gibt einen Schlechtwetter-Unterschlupf und einen Picknicktisch – liebevoll gestaltet, wie es fast nur im Erzgebirge möglich ist. 🙂
Die Ruhe im Wald ist magisch, als würde die Zeit stillstehen. Die Bilder dieses Tages sind mein Versuch, magische Momente wie diese irgendwie festhalten zu können. Weil ich die unglaubliche Stille dieses Herbsttages nicht kaputt reden mag, schreibe ich an dieser Stelle zu dieser Etappe nicht viel mehr. Vielleicht kannst du die Stille in den Bildern hören?
Tourdaten: 14 Kilometer, 260 Höhenmeter aufwärts, 290 abwärts.
Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.
Übernachten: Das Ferienhotel Mühlleiten bietet Panoramazimmer mit herrlicher Aussicht an. Weil ich in der Nebensaison unterwegs war und dementsprechend weniger los gewesen ist, habe ich sogar ein Upgrade zu einem größeren Zimmer bekommen. Im Restaurant gibt es abends eine abwechslungsreiche Karte samt kreativer vegetarischer Speisen.
Auf dem Köhlerlehrpfad rund um Sosa
Kann es wirklich sein, dass ich schon den dritten (und damit auch letzten) Wandertag im Erzgebirge unterwegs bin? Genauso wenig das kann ich gerade auch zwei andere Tatsachen nicht glauben.
Erstens: Der Nebel treibt ab und macht Platz für die Sonne! Obwohl ich die mystische Stimmung im Wald unglaublich genossen habe, ist es natürlich genauso schön, Sonne im Gesicht zu haben und lange Pausen in der Herbstwärme zu verbringen.
Zweitens: wie sehr sich die Landschaft des Erzgebirges in nur wenigen Kilometern verändern kann. Ich bin auf dem Köhlerweg rings um das abgelegene Örtchen Sosa unterwegs: Hier wechseln sich Fichtenbergwälder mit weiten Wiesen ab, auf denen sogar im Oktober noch ein paar Blumen wachsen. Auf den zwölf Kilometern dieses Wandertages erlebe ich rauschende Bäche, alte Wälder, Schafweiden und endlose Ausblicke auf die Dächer von Sosa und in die hügelige Landschaft ringsum.
Der Köhlerweg zählt zu den Herzwegen, die die schönsten Touren im Erzgebirge auszeichnen. Das bedeutet zum einen, dass er gut markiert ist und viele Naturmomente garantiert – zum anderen bedeutet das, dass die Geschichte und Traditionen des Erzgebirges am Wegesrand aufleben. In diesem Fall eine der ältesten Handwerkstechniken, denn der Köhlerweg führt entlang historischer Meilerstätten. Das Dorf Sosa, das am Fuße des Auersberges liegt, ist für seine Köhlerei bekannt. Entlang des Lehrpfads informieren Schautafeln über die Geschichte und Technik der Holzkohlegewinnung, die für die Region lange Zeit von großer Bedeutung war. Die Tafeln erklären anschaulich, wie die Köhler früher lebten und arbeiteten, und vermitteln spannende Einblicke in dieses alte Handwerk. Besonders interessant sind die Nachbildungen historischer Kohlenmeiler, die den Wanderern eine Vorstellung davon geben, wie mühsam und zeitintensiv die Kohleherstellung war.
Ein Höhepunkt der Tour ist der Aussichtspunkt Köhlerblick, von dem aus ich einen herrlichen Blick auf das Dorf Sosa und die umgebenden Wiesen und Wälder habe. Eine Holzbank macht dieses Plätzchen zum perfekten Pausenort, bevor ich den letzten Abstieg für diese Wanderreise in Angriff nehme.
Tourdaten: 12 Kilometer, 160 Höhenmeter aufwärts, 170 abwärts.
Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.
Übernachten: Die Pension Frölichgut liegt nur einen kurzen Fußweg vom Dorfkern in Sosa entfernt – ein kleines Stückchen oberhalb mit einem hübschen Blick über die Dächer. Obwohl die Küche zu meiner Reisezeit geschlossen war, habe ich abends eine wirklich liebevoll hergerichtete Brotzeitplatte (aufs Zimmer gebracht!) bekommen und ein Lunchpaket für den nächsten Tag – inklusive einer hausgemachten, regionalen Käsepezialität.
Der Kammweg Erzgebirge-Vogtland: Allgemeine Infos
Die gesamte Route
In insgesamt 17 Etappen ist der 287 Kilometer lange Kammweg Erzgebirge-Vogtland eingeteilt. 183 Kilometer verlaufen im Erzgebirge, 76 im Vogtland und 26 Kilometer in Thüringen. Einen guten Überblick über die gesamte Route gibt’s auf der Seite der Region.
Laut der offiziellen Etappenbeschreibung bin ich während dieses Besuchs im Erzgebirge die Etappen 11 und 12 gelaufen. In den vergangenen Jahren war ich bereits auf anderen Abschnitten des Kammwegs unterwegs. Auch zu diesen Wanderreisen gibt es ausführliche Blogbeträge, die du hier und hier findest. Auf meinem komoot-Profil findest du außerdem eine Collection, in der ich alle Touren von letztem und diesem Jahr zusammengefasst habe.
An- und Abreise
Ich bin mit dem Zug ins Erzgebirge gereist. Für Wanderer aus ganz Deutschland sind die Bahnhöfe Zwickau und Chemnitz wichtige Verkehrsknotenpunkte. Von dort aus fahren zum Beispiel Züge nach Schwarzenberg im Erzgebirge, nach Johanngeorgenstadt und nach Aue.
Manche Unterkünfte bieten Transferservices zwischen ihrem Standort und dem nächsten Bahnhof gibt an, wenn es keine Busverbindung gibt. Am besten erkundigst du dich hierfür individuell.
Orientierung
Wie immer habe ich mir meine Route vorher als geplante Tour auf komoot angelegt – und den Track dann auf meine GPS-Uhr gezogen. Nötig ist das auf dem Kammweg Erzgebirge-Vogtland zwar nicht, weil die Route wunderbar in beide Richtungen ausgeschildert ist. Auf den 285 Kilometern gibt es ganze 4.500 Markierungen. Sich zu verlaufen ist quasi unmöglich. Dennoch empfehle ich immer, sich nicht gänzlich auf solche Markierungen zu verlassen – seien sie auch noch so gut. Die Navigation mit den komoot Offlinekarten klappt ganz hervorragend.
Übernachtung und Verpflegung
Die Route des Kammwegs ist so angelegt, dass wir für die Übernachtungen immer Möglichkeiten unweit der offiziellen Route haben. Sowohl wenn wir der offiziellen Etappen-Empfehlung folgen, als auch wenn wir die Route auf unsere Bedürfnisse anpassen. Zur Auswahl haben wir zum Beispiel gemütliche Berggasthöfe und tolle Gasthäuser in den Tälern.
Auch hier macht sich das Siegel Qualitätswanderweg bemerkbar: weil die Gastgeber entlang des Weges auf Wandertourismus eingestellt sind. So scheuen sich viele beispielsweise nicht, einen Transfer zu übernehmen, wenn wir eine Etappe anderswo starten wollen. Und das Frühstück fällt besonders üppig aus – mit dem Hinweis, dass wir uns doch auch gleich eine Brotzeit für unterwegs mitnehmen sollen. Das übrigens möchte ich unbedingt empfehlen: Weil auf manchen Etappen Einkehr- und Versorgungsmöglichkeiten wirklich rar sind, hatte ich immer meine komplette Verpflegung in Form eines Lunchpakets selbst dabei.
Hast du noch Fragen zu den Touren?
Ich freu mich auf deinen Kommentar!