Der Sonnenuntergang am Himmel wird durchzogen von Kondensstreifen
Naturschutz

klimaneutral reisen – geht das?

Keine Frage, manchmal ist die Versuchung da: Für ein langes Wochenende mit Pizza, Pasta und Wein könnten wir im Handumdrehen in einer engen Gasse von Mailand oder Florenz sitzen. Wir könnten durch sonnige Täler in Andalusien wandern. Oder es uns nonstop eine Woche lang an einem feinen, asiatischen Sandstrand gutgehen lassen – der erste Tauchgang ist inklusive.
Das geht. Mit dem Flugzeug, versteht sich. So überqueren wir die Grenzen nicht nur am schnellsten – oft es auch unschlagbar günstig.

Bei mehr als 4000 Flughäfen weltweit und über 25.000 Flugverkehrsverbindungen scheinen die Möglichkeiten endlos. Ein paar Klicks im Internet befördern uns um die halbe Welt. Oder auch in eins der Nachbarländer.
Würde ich mich in diesem Moment spontan entscheiden, von München aus einen Flug zu buchen, hätte ich über 30 Ziele zur Auswahl – bei einem Budget von unter 100 Euro für Hin- und Rückflug. Marokko steht zur Auswahl, die Azoren, Spanien, Frankreich, Irland, England, die Türkei und sogar die östlichsten der griechischen Inseln.
Den Rekord hat erst vor kurzem die Verbindung München – Mallorca aufgestellt. 4,90 Euro, oneway.

Das ist billiger, als von München mit dem Zug in die Berge zu fahren.

Was aber nirgends steht: Dass ich mit diesem Flug teilweise mehr als halb so viel Kohlendioxid (CO2) verursache, wie ein Mensch in Indien in einem ganzen Jahr.

Flüge weltweit flightradar24
Morgens, halb zehn, am Himmel über der Welt: Der Screenshot von Flightradar24 zeigt live, wie viele Flugzeuge unterwegs sind. Zu diesem Zeitpunkt waren es genau 10.275.

Warum Fliegen der Umwelt schadet

An dieser Stelle passt die Frage: Warum ist das überhaupt ein Problem? Das Fliegen und die CO2-Emissionen, die ich dabei verursache? Kohlendioxid entsteht schließlich auch beim Auto- und sogar beim Bahnfahren.

Die Antwort darauf ist eindeutig: Bei keiner Fortbewegungsart ist unsere CO2-Emission so groß wie beim Fliegen. Mit Abstand.

Sehen wir uns als Beispiel einen Flug von München nach Ulan-Bator an – genau so, wie Felix und ich ihn im Sommer 2015 unternommen haben. Weil es keine Direktflüge in die mongolische Hauptstadt gibt, hatten wir einen kurzen Stop in Moskau. Einmal hin, einmal zurück, das ganze für zwei Personen. Und schon ist es passiert: Zusammen haben wir auf dieser Strecke mehr COverbraucht, als dann, wenn wir ein ganzes Jahr lang 12.000 Kilometer mit dem Auto fahren würden.

Um ehrlich zu sein: Für unsere Umwelt bedeutet das nichts Gutes.
COgehört zu den Treibhausgasen. Beim Fliegen wird es in riesigen Mengen in die Luft geblasen, weil Kerosin verbrannt wird – und ist damit mitverantwortlich, dass sich die Temperatur auf der Erde immer weiter aufheizt. Die Pole schmelzen, das Meer holt sich immer größere Küstengebiete zurück, andere Regionen sind von starken Dürren geplagt. Vieles davon passiert nicht am anderen Ende der Welt: Dürren gehörten in Spanien und Italien mittlerweile zum Sommer. Selbst Schweden hatte 2018 mit schlimmen Bränden zu kämpfen – sogar nördlich des Polarkreises. Und nicht zuletzt waren zur selben Zeit auch Berlins Trinkwasserspeicher teilweise ausgetrocknet.

Damit sich solche Phänomene nicht häufen oder verschlimmern, müssen wir die CO2-Emissionen weltweit auf ein Niveau reduzieren, das den Treibhauseffekt begrenzt. Rechnet man die mögliche Gesamtmenge auf jeden Einzelnen um, ergibt sich die sogenannte „Klimaverträgliche Jahresemission eines Menschen“. Und die liegt bei 2.300 Kilo CO2.
Mit unserem Flug in die Mongolei haben wir schon über die Hälfte dieses Jahresbudgets aufgebraucht – innerhalb von knapp zehn Stunden.

Was kann ich tun, wenn ich manchmal trotzdem fliege?

Klar ist: Für Umwelt und Klima wäre es natürlich am besten, gar kein CO2 auszustoßen. Aber auch die, die nicht ganz darauf verzichten, haben eine Möglichkeit, den Schaden immerhin auszugleichen: Indem sie ihre Flüge kompensieren.
Das funktioniert so: Für die Menge CO2, die man mit dem Flug verursacht hat, spendet man einen entsprechenden Betrag an eine gemeinnützige Organisation. Die wiederum investiert den Betrag in ein Projekt, das CO2 ausgleicht oder einspart. Man macht also das, was man an der einen Stelle verursacht hat, an einer anderen Stelle wieder gut.

Natürlich soll die CO2-Kompensation kein Freifahrschein zu sein, um noch öfter in ein Flugzeug zu steigen. Ganz nach dem Motto: „Macht ja nichts, ich gleiche den Flug hinterher ja eh aus.“
Zurückholen können wir das ausgestoßene CO2 schließlich nicht mehr. Für die, die es gar nicht lassen können, ist weniger Fliegen und Kompensieren aber allemal besser, als einfach nur immer und immer wieder zu Fliegen.

Das machen wir selbst

Uns ist bewusst, dass wir damit ein großes und schwieriges Thema anreißen. Für unsere Abenteuer kommen wir schließlich nicht drum rum, ab und zu in ein Flugzeug zu steigen. Und ich würde Lügen, wenn ich an dieser Stelle behaupten würde, dass wir ohne unsere Reisen leben könnten.
Weil wir es trotzdem nicht verantworten wollen, die Umwelt mit überdurchschnittlichen Mengen an CO2 zu belasten, wollen wir uns stattdessen realistischere und langfristige Ziele setzen. Und mit denen können bestenfalls nicht nur wir leben – sondern können vielleicht und hoffentlich sogar den ein oder anderen unter euch inspirieren:

Wir haben uns dazu entschlossen, für Kurzurlaube nicht ins Flugzeug zu steigen. Mal eben für ein langes Wochenende ins Nachbarland ist nicht. Stattdessen genießen wir die Berge vor der Haustür.

Außerdem: Keine Flüge zu allem, was innerhalb Deutschlands oder in den Nachbarländern mit dem Zug zu erreichen ist.

Und schließlich kompensieren wir die CO2-Emissionen, die wir auf unseren Reisen verursachen. Damit meinen wir nicht nur die Flüge, sondern die gesamte Reise. Alle Verkehrsmittel vor Ort und Unterkünfte einberechnet.
Wir sind stolz, dass wir uns für unsere bisherigen Reisen Dank der Unterstützung von Zukunftswerk den Stempel „klimaneutral gereist“ verpassen dürfen:

Das steckt hinter dem Stempel

Der Stempel ist unser Versprechen, dass wir jedes Kilo CO2, das wir bis dato auf unserer Reise verursacht haben, durch die Investition in ein nachhaltiges Projekt kompensiert haben. Zukunftswerk unterstützt und dabei und stellt beispielsweise sicher, dass die Ausgleichszahlung auch wirklich bei dem auserwählten Projekt ankommt.

Die Reise in die Mongolei, bei der wir den Westen zu Fuß durchquert haben, hat beispielsweise sieben Tonnen CO2 verursacht. Der Flug macht die Hälfte davon aus, die restliche Menge ist vor allem durch die Transferfahrt zum Startpunkt entstanden. Geschlafen haben wir ja in den allermeisten Nächten im Zelt.

Dieses Projekt unterstützen wir

Mit dem CO2-Ausgleich unterstützen wir ein Waldschutzprojekt im Norden Brasiliens. Bei Jacundá REDD+ arbeiten Klimaschützer gemeinsam mit indigenen Völkern, die in der Region zuhause sind, daran, in einer Laufzeit von 30 Jahren rund 35.000 Hektar Amazons-Regenwald zu schützen. Weil die Wälder Mittel- und Südamerikas unter einem großen Verwertungsdruck stehen, würde diese Fläche abgeholzt werden. Der Erhalt entspricht der CO2-Einsparung von 12,5 Millionen Tonnen.
Auf dieser Fläche sind außerdem fast 300 Pflanzen- und 800 verschiedene Tierarten beheimatet. Der Schutz dieser enormen Artenvielfalt zählt zu den wichtigen Zielen des Jacundá-Waldschutzprojektes.

Das ist aber noch nicht alles: Die größten Anteile des Projekts gehören den indigenen Völkern. Für sie entstehen Arbeitsplätze, eine Schule und ein Bildungszentrum für Erwachsene.

Hier kannst du dich weiter informieren

11 Comments

  • Korinna

    Liebe Franziska, lieber Felix,

    ich freue mich sehr, heute von eurer Webseite erfahren zu haben. Ihr klingt super sympathisch.

    Das klimaneutrale Reise steht auch bei meinen Reisen ganz oben und ich freue mich, hier mit euch ein neues Vorbild gefunden zu haben. Und so freue ich mich auch schon auf neue Geschichten von euch 🙂

    Ich versuche ebenfalls, Flugreisen zu vermeiden. Innerhalb Europas leihen wir uns in der Regel ein Auto aus, manchmal wird auch getrampt. Mir war vor meinen ganzen Reisen nach Afrika, Asien und Nordamerika nie wirklich bewusst, wie schön es auch hier in unserer Heimat sein kann. Das versuche ich nun zu entdecken.

    Werde ich nun doch mal wo weiter weg reisen, so setze ich mir als Bedingung, dass es ein mindestens einmonatiger Aufenthalt vor Ort sein muss, im besten Falle auch länger. Die Welt reizt einen eben doch zum Erkunden.

    Ganz liebe Grüße
    Korinna

    • Franziska Bär

      Liebe Korinna,
      vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Wir freuen uns sehr über deine ermutigenden Worte 🙂
      Und natürlich freuen wir uns, wenn wir unsere Erfahrungen teilen und dazu inspirieren können, auch beim Reisen ein klein bisschen auf unsere schöne Welt zu achten. Das ist nämlich gar nicht so schwierig wie man vielleicht denkt 🙂
      Klingt super, was du dir in Sachen (Flug)reisen vorgenommen hast! Ich finde, das ist ein sehr entscheidender Schritt. Gleichzeitig führt das dazu, dass man vielleicht ein klein wenig langsamer reist. Das macht die Erlebnisse umso intensiver. Und es stimmt: Manchmal muss man erst weiter weg, um zu sehen, wie schön das Nahe eigentlich ist 🙂

      Wir wünschen dir ganz viele tolle Momente auf deinen Abenteuern ! Und wir freuen uns, mal wieder von dir zu hören.
      Ganz liebe Grüße,
      Franziska & Felix

  • Alexander

    Liebe Franziska, lieber Felix,

    herzlichen Dank, dass Ihr uns so lobend erwähnt, Es ist uns eine Freude, mit Euch zusammenzuarbeiten. Das Team von Zukunftswerk wünscht Euch viel Erfolg mit Eurem wunderbaren Reiseblog und allzeit viel Freude unterwegs!

    Herzlichst,

    Alexander und das ganze Zukunftswerk-Team

    • Franziska Bär

      Lieber Alexander, liebes Zukunftswerk-Team,
      vielen Dank für Eure guten Wünsche! Wir freuen uns, wenn wir andere Reisende mit diesen Beiträgen motivieren können, auf ihren CO2-Fußabdruck zu achten. Und natürlich freuen wir uns, dass wir dazu mit euch einen so tollen Partner gefunden haben!
      Alles Liebe,
      Franziska & Felix

    • Franziska Bär

      Lieben Dank für das schöne Feedback! Wir freuen uns über jede/n einzelne/n, den wir zum Nachdenken animieren können 🙂

      • Felix

        Liebe Franziska, lieber Felix,

        das sind tolle Reisen, die Ihr unternehmt und sehr unterhaltsame Berichte darüber. Aber bitte: macht Euch und anderen doch nichts vor. Klimaneutrales Reisen gibt es nicht. Dass Ihr Euch auf zwei Flugreisen im Jahr beschränkt mag für manche löblich klingen, Ihr stoßt damit aber ein Mehrfaches der klimaschädlichen Gase aus, die jedem Menschen laut Kyoto-Protokoll zustehen, wenn wir die Erderwärmung begrenzen wollen. Eure Kompensation durch Schutz des Regenwaldes kompensiert auch nicht davon, sondern verhindert bestenfalls weitere Emissionen. Waldprojekte werden sogar von den großen Anbietern von CO2 Ausgleich als untauglich angesehen.
        Alles in allem habt Ihr nach wie vor einen sehr großen ökologischen Fußabdruck. Ihr solltet Euch also nicht als nachhaltig lebende Menschen präsentieren.
        Wie wäre es denn mal damit seltener zu reisen, dafür deutlich länger und von Deutschland aus nur mit Bus und Bahn, Frachtschiff oder als Tramper? Würde bestimmt weitere spannende Geschichten liefern und Eurem ökologischen Gewissen etwas mehr Glaubwürdigkeit verleihen.
        Viele Grüße
        Felix

        • Franziska Consolati

          Lieber Felix,

          vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, unseren Beitrag zu Ende zu lesen, auch, wenn du eine andere Meinung teilst – und danke auch für diesen Input.
          Ich würde in meiner Antwort gerne ein wenig weiter ausholen: Als der Blog Anfang 2019 online gegangen ist, habe ich mich bereits intensiv mit den Themen Nachhaltigkeit, Klimawandel und Umweltschutz auseinandergesetzt. Gleichzeitig erzähle ich Menschen von meinen Reisen. Ich weiß um diesen Widerspruch und sage dir ganz ehrlich, dass er mich täglich beschäftigt. Dass einer meiner ersten Artikel dieser hier geworden ist, hat für mich trotzdem einen ganz wichtigen Grund: Ich sage dir ganz ehrlich, dass ich die Sorge hatte, mir damit gleich zu Beginn ganz schön viel Gegenwind einzuholen. Viel Kritik zu bekommen, auch solche, die nicht konstruktiv ist. Trotzdem habe ich mich für diesen Artikel entschieden – und seitdem damit gerechnet, dass ein Kommentar ähnlich wie deiner folgt.
          An dieser Stelle möchte ich mich aber bei dir bedanken – dafür, dass du sachlich und konstruktiv bist. Und ich möchte und muss dir Recht geben: Unser ökologischer Fußabdruck ist (immer noch) viel zu groß. Trotzdem möchte ich mich nicht verstecken – weil das Thema ein Thema sein soll. Und ich der Meinung bin, dass es auch dazu gehört, aufzurütteln, bewusst zu machen – auch dann, wenn man selbst (noch) nicht das beste Beispiel ist.
          Du kannst dir sicher sein, dass wir weder uns selbst, geschweige denn irgendwem anderes etwas vormachen wollen. Wir wollen Schritt für Schritt in eine klimaneutrale Richtung laufen – und andere dazu ermutigen, es uns gleichzutun. Der nächste Schritt ist beispielsweise, dass wir für nächstes Jahr zum ersten Mal keine Fernreise geplant haben. Und stattdessen die Wildnis vor unserer Haustür entdecken wollen. Ganz ohne Fliegen.
          Und ich hoffe sehr, dass dieser sanfte Weg hin zu einem kleinen ökologischen Fußabdruck viele Menschen ermutigt, ihn ebenfalls einzuschlagen.

          Liebe Grüße
          Franziska (& und auch von Felix)

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