Venntrilogie: Vom Hochmoor in den Märchenwald
Im Venn trifft ein Hochmoor auf den Märchenwald. Dazwischen liegen Heideflächen, Felder aus Farnen, Wasserfälle, Schluchten und endlos weite Ausblicke. Vor über 100 Millionen Jahren erstreckte sich hier noch eine Gebirgskette. Über mehrere Jahrtausende wurden die Gipfel abgetragen und formen heute ein artenreiches Flachland – das Venn. Ich bin ganz ehrlich: Vor meiner Wanderreise nach Ostbelgien konnte ich mir recht weniger unter dieser Landschaft vorstellen. Konnte nicht begreifen, wie viel Platz die Weite im Venn bekommt, wie wild sich die Natur anfühlen und wie schnell ich sehr tief in sie eintauchen werde.
Die Venntrilogie, ein 109 Kilometer langer Wanderweg, führt durch diese vielfältige Natur und ihre unterschiedlichen Landschaften. Schon auf den ersten Kilometern hat mich diese Wanderung gepackt. Begonnen mit den Herbstfarben und der mystischen Stimmung, wegen der ich mich bewusst für den Oktober als Reisezeitraum entschieden hatte. Und schließlich hat es nicht lange gedauert, bis ich so baff war von der Schönheit des Venns, dass ich meine Finger längst nicht mehr von der Kamera lassen konnte. Selbst nach 25 Kilometern am ersten Tag hätte ich noch weiter wandern wollten, weil das Laufen auf den hölzernen Bohlenwegen nicht nur der schönsten Meditation gleicht, sondern mich das herbstliche Venn tief in seinen Bann gezogen hat.
In diesem Beitrag erzähle ich dir von meinen drei Wandertagen auf der Venntrilogie. Mit der Plan-your-trip-Funktion auf der Webseite der Region habe ich mir meine Etappen unkompliziert selbst einteilen können. Mehr zu dieser Funktion erfährst du im Serviceteil am Ende des Artikels.
Werbehinweis: Ich bin glücklich, dass ich mit Ostbelgien Tourismus zusammenarbeiten darf. Diese Touren habe ich auf Einladung der Region erlebt, daher gilt dieser Artikel als Werbung für diesen Kooperationspartner. Meine Meinung wird dadurch aber freilich nicht beeinflusst.
Von Eupen nach Le Mont Rigi
Der Herbstmorgen liegt ruhig vor mir, als ich aus den Gassen Eupens raus und rein in den Wald laufe. Hier und dort zwitschern ein paar Vögel, das Wasser des Flusses Hill gluckert gemächlich, während ich seinem Lauf auf den ersten Kilometern folge. Die Laubbäume fangen gerade an, ihr Herbstkleid anzulegen. Abgefallen sind die Blätter noch nicht, dafür leuchten die meisten in einem knalligen Orange. Als schließlich die ersten Nebelschwaden durch die Baumkronen ziehen, könnte ich bereits diesem Punkt glauben, dass diese Herbstwanderung kaum schöner werden könnte. Was würde ich falsch liegen: Die wahre Magie des Hohen Venns entfaltete sich nämlich auf der zweiten Hälfte dieser Etappe. Als die Bäume immer kleiner werden und die Gräser dafür umso höher wachsen. Als der von Wurzeln bewachsene Weg immer öfter von Holzbohlen bedeckt ist und mein Blick plötzlich bis zum Horizont reicht.
Ich stehe im Hochmoor des Wallonischen Venns.
Die Torfmoore, die mich jetzt umgeben, haben sich auf den undurchlässigen Schieferböden eines sehr alten Bergkamms gebildet. Passiert ist das vor etwa 10.000 Jahren nach der letzten Eiszeit. Heute steht das Hohe Venn mit seiner Gesamtfläche von etwa 5.000 Hektar unter Naturschutz – seit 1957 schon. Das macht es zum ältesten Naturschutzgebiet Walloniens und ebenso zu einem der bekanntesten Naturgebiete Belgiens. An diesem mystischen Herbsttag habe ich die weite Landschaft trotzdem für mich. Anderen Wandernden begegne ich nur zweimal am gesamten Tag. Stattdessen tauche ich ein in die Ruhe und Weite des Venns. Die Gräser des Moors leuchten in den schönsten Herbstfarben. Hier führt der Wanderweg auf einem kilometerlangen Holzsteg durch die Weite der Landschaft. Ich folge ihm noch beinahe sieben Kilometer, bevor ich an meinem Ziel für diesen Tag ankomme: dem höchsten Hotel Belgiens unmittelbar am Rande der Moorlandschaft.
Tourdaten: 25 Kilometer, 470 Höhenmeter aufwärts, 70 Höhenmeter abwärts.
Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.
Übernachten: Unweit der offiziellen Wanderroute entfernt, kurz vor dem Ende der offiziellen Etappe 3, liegt das höchste Hotel Belgiens. Im Le Mont Rigi gibt es gemütliche Doppelzimmer, manche sogar mit Aussicht und Balkon Richtung Venn. In allen Zimmern gibt es kostenfrei Tee und Kaffee, auch das Frühstücksbuffet mit regionalen und liebevoll ausgesuchten Zutaten ist immer inkludiert.
Von Le Mont Rigi bis Malmedy
Mein zweiter Wandertag auf der Venntrilogie startet am höchsten Punkt Belgiens: Mit 694 Metern ist das Signal de Botrange sogar das Dach der Benelux-Staaten. Um die 700-Meter-Marke zu knacken, hier 1923 ein Erdhügel aufgeschüttet . Heute thront hier zusätzlich ein Aussichtsturm, von dem aus Wanderer normalerweise einen weiten Blick über das Hohe Venn genießen. An diesem Morgen ist es jedoch so neblig, dass ich kaum meine Hand vor Augen erkennen kann. Das bedeutet aber auch, dass die Stimmung im Moor nicht schöner sein könnte.
Der erste Abschnitt führt mich auf Holzstegen durch das Hohe Venn. Unterhalb des Weges gluckert Wasser, ansonsten ist es so still, dass ich mir manchmal einbilde, den Nebel auf meine Jacke rieseln zu hören. Es fühlt sich ein bisschen an, als wäre die Zeit auf diesen Kilometern stehen geblieben. Das genieße ich so sehr, dass ich viele Pausen mache – auch, weil ich weiß, dass der Wald das Moor schon bald ablösen wird. Hätte ich geahnt, dass ich in einem solchen Märchenwald landen würde, wäre mir der Abschied vom Hohen Venn sicher leichter gefallen. Der Waldboden ist über und über mit Moosen bewachsen, verschiedene Farne kräuseln sich zwischen den Baumstämmen und überall anders sprießen Pilze aus dem Boden. Mehrere Kilometer führen mich durch die Trôs-Marets-Schlucht, die auch als „Land der Quellen” bekannt ist. Hier ist der Weg besonders abwechslungsreich. Er führt auf kleinen Brücken über den Fluss und an steilen Felswänden oberhalb der Schlucht entlang. Der Trôs-Marets-Bach schlängelt sich durch das Tal, vorbei an felsigen Passagen, kleinen Wasserfällen und durch üppige Wälder. Ein kurzer Abschnitt, in dem sich der Bach besonders imposant durch die engen Felsen geschliffen hat, ist sogar mit einem Drahtseil versichert.
Der Aufstieg hinaus aus der Schlucht bringt mich nach Ferme Libert. Hier habe ich einen ersten Blick auf Malmedy, mein heutiges Tagesziel, und steige dorthin durch gigantische Buchenwälder ab.
Tourdaten: 23 Kilometer, 260 Höhenmeter aufwärts, 590 abwärts.
Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.
Übernachten: Für die Übernachtung in Malmedy habe ich mich im MyDeer einquartiert. Das Konzept entspricht einem charmanten Hostel innerhalb einer Altbau-Wohnung, in dem es keine Matrazenlager, sondern Doppelzimmer mit Waschbecken und Dusche gibt. Toiletten sind gemeinschaftlich auf dem Gang, außerdem gibt es eine gut ausgestattete Küche zur allgemeinen Verfügung.
Von Malmedy nach Bütgenbach
Kann es wirklich sein, dass heute schon mein letzter Tag in Ostbelgien startet? Wahrscheinlich habe ich auch deshalb jedes Zeitgefühl verloren, weil das Venn an diesem Morgen ungewohnt anders vor mir liegt: Der Nebel hat sich über Nacht verzogen und Platz für einen strahlend blauen Herbsthimmel gemacht. Der Abschied von dieser Landschaft, die mich auf jedem Kilometer restlos begeistert, ist damit noch schwerer.
Laut der offiziellen Etappeneinteilung der Venntrilogie laufe ich an diesem Tag eine Kombination aus Etappe 5 und 6: von Malmedy bis nach Bütgenbach. Die ersten Kilometer führen mich über den Kalvarienberg hinaus aus Malmedy und hinein in das Warchetal. Der Wald gibt hier immer wieder den Blick auf die Hügellandschaft frei. Als ich schließlich die Talsperre in Robertville erreiche, ändert sich auf der zweiten Hälfte dieser Etappe die Landschaft: Die endlosen Wälder des südlichen Venns lasse ich hinter mir und finde mich zwischen weiten Feldern wieder.
Als ich die letzten Kilometer zwischen den Wiesen zurücklege und vor mir die Dächer Bütgenbachs auftauchen, wird mir bewusst, dass das Gefühl auf der Venntrilogie stets dasselbe geblieben ist, während sich die Landschaft mehrmals drastisch geändert hat. Das Gefühl, komplett in diese besonderen Naturräume einzutauchen und die Zeit dabei stillstehen zu lassen.
Tourdaten: 21 Kilometer, 440 Höhenmeter aufwärts, 210 abwärts.
Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.
Übernachten: Meine letzte Übernachtung ist genau das, was man als krönenden Abschluss bezeichnen würde: Im Hotel Eifelland in Bütgenbach bin ich nicht nur unheimlich herzlich empfangen worden, sondern habe ein Upgrade bekommen und statt eines Doppelzimmers ein ganz Apartment mit Balkon für mich ganz allein. Das Frühstücksbuffet im Hotel Eifelland wird von den bisherigen Gästen groß angepriesen, leider musste ich zu früh abreisen, um es selbst genießen zu können. Stattdessen hat mir die Betreiberin deshalb ein privates Buffet in mein Apartment gebracht – eine kleine, aber wirklich feine Auswahl an Teesorten, Saft, Müsli, Aufstrichen und Käse. Gastfreundschaft, wie sie nicht selbstverständlich ist.
Wandern auf der Venntrilogie: Allgemeine Infos
Die gesamte Route
Die Venntrilogie ist ein wirklich außergewöhnlich abwechslungsreicher Wanderweg in Ostbelgien, der auf rund 109 Kilometern durch die Landschaft des Hohen Venns, der Ardennen und der Eifel führt. Der Weg ist in drei thematische Etappen unterteilt: „Hochflächen“, „Wasserwelten“ und „Grenzrouten“, die jeweils unterschiedliche Einblicke in die Natur der Regionen bieten. Auf durchgehend ausgeschilderten Wegen kannst du die Moorlandschaft des Hohen Venns, klare Bäche, dichte Wälder und historische Grenzsteine entdecken. Infotafeln entlang der Strecke vermitteln Hintergrundwissen über Flora, Fauna und die Geschichte der Region. Dank der guten Infrastruktur entlang des Wegen kannst du die Venntrilogie zum Beispiel in der Anzahl und der Länge der Etappen an deine Wünsche anpassen.
Die Plan-your-trip-Funktion
Um die mehrtägige Wanderung auf der Venntrilogie ganz auf meine Bedürfnisse anzupassen, habe ich mich im Vorfeld mithilfe der Plan-your-Trip-Funktion auf der Webseite von Ostbelgien Tourismus vorbereitet. Hier kannst du unter anderem auswählen, wie viele Tage du auf der Venntrilogie unterwegs sein möchtest, wie viele Kilometer die einzelnen Distanzen haben sollen, und ob du mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen möchtest. Der Tourenplaner erstellt daraufhin die optimale Wanderung für dich – inklusive hilfreicher und individueller Serviceinformationen, zum Beispiel zur Wegbeschaffenheit und den nächstgelegenen Bushaltestellen und Bahnhöfen entlang der jeweiligen Strecke.
An- und Abreise
Ich bin mit dem Zug nach Belgien gereist. Für Wanderer aus ganz Deutschland ist zum Beispiel der Bahnhof Aachen ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Ich selbst bin in Aachen in den Linienbus Nummer 14 nach Eupen eingestiegen. Nach der Wanderung bringt dich der Linienbus Nummer 23 von Bütgenbach zurück nach Eupen. Die Webseite des belgischen Transportwesens Tec ist bei der Planung eine große Hilfe.
Von den belgischen Bahnhöfen Lüttich-Guillemins, Brüssel Süd und Gent-Sint-Pieters kannst du die Bahnhöfe Eupen und Verviers außerdem gut mit einem IC erreichen.
Entlang der Strecke der Venntrilogie stehen außerdem mehrere Mitfahrbänke, vor allem rings um Eupen und Bütgenbach. Eine Übersicht findest du hier.
Orientierung
Die Route der Venntrilogie ist wunderbar in beide Richtungen ausgeschildert. Manche Wegweiser verfügen sogar über sehr detaillierte Informationen wie Kilometerangaben zu verschiedenen Orten und sogar zum verfügbaren Service in die jeweilige Laufrichtung (zum Beispiel sind die nächsten Bahnhöfe und Supermärkte angegeben). Dennoch empfehle ich immer, sich nicht gänzlich auf Markierungen zu verlassen. Wie immer habe ich mir meine Route vorher als geplante Tour auf komoot angelegt – und den Track dann auf meine GPS-Uhr gezogen. Häufig gibt es entlang der Wanderroute keinen Mobilfunk-/Internetempfang, aber die Navigation mit Offlinekarten klappt ganz hervorragend.
Wer lieber analog unterwegs ist, kann sich außerdem kostenfrei den offiziellen Wanderführer zur Venntrilogie herunterladen. Neben genauen Etappenbeschreibungen beinhaltet das Büchlein viele Hintergrundinformationen zur Wanderung und zur Region. Die sind natürlich für alle Wandernde spannend, ganz unabhängig davon, wie navigiert wird.
Übernachtung
Die Route der Venntrilogie ist so angelegt, dass du für die Übernachtungen immer Möglichkeiten unweit der offiziellen Wegführung hast. Sowohl wenn du der offiziellen Etappen-Empfehlung folgst, als auch wenn du die Route auf deine Bedürfnisse anpasst. Eine Übersicht aller Unterkünfte gibt es zum Beispiel auf der Seite der Region, oder natürlich auf den gängigen Buchungsportalen.
Wandere meine Route nach
Drei Tage lang war ich auf der zweiten Hälfte der Venntrilogie unterwegs: zwischen Eupen und Bütgenbach. Eine detaillierte Routenübersicht sowie alle GPX-Tracks zum Download findest du in dieser Collection auf komoot.