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Traisentalradweg: Mit dem Gravelbike von der Donau in die Berge

Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt laut aussprechen darf – aber als Lonely Planet mich losgeschickt hat, war ich mir nicht sicher, ob zwei Tage Radreise ausreichen würden, um daraus eine Geschichte entstehen zu lassen. Ich war mir nicht sicher, ob 111 Kilometer genug Platz für erzählenswerte Erlebnisse liefern könnten, ob die Vielfalt auf dieser Strecke groß genug sein kann, um sie auf mehrere Fotos, ja, sogar auf mehrere Doppelseiten aufzuteilen.

Noch während ich im Sattel saß, habe ich jedoch gelernt, dass auf 111 Kilometern nicht nur Weinreben und schneebedeckte Alpengipfel Platz haben, sondern sogar verschiedene Jahreszeiten. Denn auf dem Traisental-Radweg habe ich in nur zwei Tagen den Frühling an der Donau und den Winter im Mostviertel erlebt. So viel sei verraten. Doch zu sehr vorgreifen möchte ich an dieser Stelle noch nicht. Ich fange besser von vorne an.


Werbehinweis: Ich bin glücklich, dass ich mit Niederösterreich Werbung zusammenarbeiten darf. Die Radtouren auf dem Traisentalradweg habe ich auf Einladung der Region erlebt, daher gilt dieser Artikel als Werbung für diesen Kooperationspartner. Meine Meinung wird dadurch aber freilich nicht beeinflusst.


Immer bergauf oder immer bergab?

Während ich im Zug durch Niederösterreich rolle, habe ich die Wahl: Steige ich früher aus, wird meine Radtour auf dem Traisental-Radweg garantiert anstrengend sein. Bleibe ich länger im Zug sitzen, wird es eine gemütliche Reise werden. Denn der Traisental-Radweg führt vom flachen Donaudelta am Flusslauf der Traisen entlang bis in die von Alpengipfeln eingerahmte Landschaft der Steiermark.

Wer an der Donau startet, fährt demnach zwar selten steil, aber doch zuverlässig merklich bergauf. Fast die Hälfte der Gesamtstrecke lang. Wer im Bergort Mariazell startet und auf die Donau zusteuert, der rollt gemächlich bergab.

Wahrscheinlich ist genau das die große Stärke des Traisental-Radwegs: Dass er je nach Bedürfnis zwei komplett unterschiedliche Erlebnisse bieten kann.

Während der Fahrtwind durch das halb geöffnete Zugfenster pfeift, unterhalte ich mich mit meinem Sitznachbarn über diese zwei völlig unterschiedlichen Facetten des Traisental-Radwegs. Er wohne in St. Pölten, erzählt er mir, sei leidenschaftlicher Triathlet. Durch das Traisental würde er seit 15 Jahren regelmäßig radeln, im Sommer sogar einmal pro Woche. Immer bergauf, versteht sich. Dann verwandelt sich der Traisental-Radweg in die perfekte Trainingsstrecke. Erst seit er Kinder hat, fährt mein Sitznachbar den Traisental-Radweg gelegentlich in die andere Richtung: Dann steigt er mit seiner Familie in die Mariazellerbahn ein, die längste Schmalspurbahn Österreichs, und fährt mit der Bahn bergauf nach Mariazell. Mit dem Fahrrad zurück nach St. Pölten geht es immer bergab. Kein Triathlon-Training, aber ein gelungener Familienausflug.

„Und was machst du?“, fragt er mich am Ende seines Satzes. „Bergauf oder bergab?“

„Ich fahre bergauf“, antworte ich prompt. Und weiß, um ehrlich zu sein, selbst nicht genau, woher der Eifer in meiner Stimme in diesem Moment rührt.

Frühlingsgefühle zwischen Traismauer und St. Pölten

Im Rücken habe ich am ersten Morgen meiner Tour die sanft fließende Donau. Die Sonne bricht durch das Blätterdach und malt ein Muster aus Licht und Schatten auf den Traisental-Radweg. Der Weg schlängelt sich hier zuverlässig am Ufer der Trassen entlang. Ihr gluckerndes Wasser habe ich auf den ersten 25 Kilometern immer im Blick. Es ist einer der ersten Tage der Saison, an denen die Sonne morgens schon warm ist. An denen sich hier und da sogar schüchternes Grillengezirpe ins Vogelgezwitscher mischt.
Der Frühling hat gerade erst angefangen, die Blätter leuchten hellgrün und das Gelb der ersten Blüten zieht neugierige Insekten an – und doch fühlt sich dieser Tag beinahe nach Frühsommer an. Vor allem während der Pausen, in denen ich windgeschützt am Ufer der Traisen sitze und ihr glasklares Wasser bestaune.

Es dauert mehr als 20 Kilometer, als ich eine Ahnung davon bekomme, dass der Frühling, erst recht das Gefühl von Frühsommer, morgen vorbei sein werden. Einerseits, weil die nächste Kurve der Traisen einen ersten, vagen Blick auf die felsigen Gipfel des Mostviertels freigibt. Die Gipfel, denen ich am nächsten Tag immer näher kommen werde. Die Gipfel, die die Bergkulisse rund um den Pilgerort Mariazell zeichnen. Die Gipfel, die bis weit unten tief verschneit in der Sonne blenden.
Andererseits ahne ich, dass der Frühling morgen vorbei sein wird, weil auf dem Bildschirm meines Smartphones eine Wetterwarnung für diese Region aufploppt. Wind und Schneefall. Morgen. Ich packe das Handy weg und setze mich stattdessen wieder in den Sattel. Beinahe wie aus dem Nichts taucht zwischen den Bäumen, die das Flussufer der Traisen säumen, Niederösterreichs Landeshauptstadt vor mir auf.

30 Jahre nach der Wahl zur Landeshauptstadt ist in St. Pölten kaum mehr etwas vom einstigen Provinzstädtchen übrig: Eine lebendige Kunst- und Lokalszene, ausgezeichnete Architektur und eine aufblühende Gastronomie haben St. Pölten neben zahlreicher kultureller Highlights beinahe zur Kulturhauptstadt werden lassen. Für mich ist St. Pölten ein Zwischenstopp. Einer derer, die auf einer Reise ein neues Kapitel aufblättern.


Tourdaten: 23 Kilometer, 90 Höhenmeter aufwärts, keine Höhenmeter abwärts.

Besondere Wegpunkte: Schloss Traismauer, Augustiner Chorherrenstift Herzogenburg, Viehofner Seen, St. Pöltens Altstadt.

Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.


Winter-Comback zwischen Lilienfeld und Mariazell

In St. Pölten habe ich die Hälfte des Traisental-Radwegs zwar noch nicht hinter mich gebracht – hier aber beginnt der zuverlässige Anstieg. Weil ich weiß, dass an diesem Tag eine sportliche Herausforderung wartet, gepaart mit einer Wettervorhersage, die Wind und vielleicht sogar Schneefall verheißt, lege ich die ersten Kilometer im Zug zurück: Von St. Pölten fahre ich nach Lilienfeld. Die Aussicht, von hier aus immer noch mehr als 60 Kilometer und 1.100 Höhenmeter vor mir zu haben, fühlt sich für mich völlig ausreichend an.

Ich bin froh, dass ich das Höhenprofil im Kopf habe. Nur deshalb weiß ich, dass es gerade bergauf geht. Kaum merklich nämlich, nur fünf Prozent Steigung sind das etwa. Ein Vorgeschmack, eine Einstimmung auf den Anstieg, der sich mal mehr, mal weniger offensichtlich über die kommenden 40 Kilometer legen wird. Fünf Prozent Steigung sind mit unserem Auge kaum erkennbar. Würde nicht das Wasser in der Fahrradflasche kippen, wenn ich sie auf dem Boden abstelle, würde ich nicht sehen, dass es hier bergauf geht. Fünf Prozent sind die Art von Steigung, die dich schwer atmen lassen, die dich wundern lassen, warum du nur so schwerfällig vorankommst. Was ist heute nur los? Das würde ich mich heute fragen, hätte ich nicht das Höhenprofil im Hinterkopf.

Lilienfeld lädt schließlich zu einer Pause ein. Das Zisterzienserstift liegt inmitten einer idealen Picknickwiese. Nicht für mich, denn der Frühling hat mich verlassen. Die Wetterwarnung von gestern, Schneefall und Sturm, ist zwar übertrieben – immerhin hat es vier Grad und es weht nur ein laues Lüftchen – nach einer langen Pause ist mir aber trotzdem nicht. Denn die schneebedeckten Gipfel habe ich mittlerweile klar und deutlich im Blick. Sie strahlen hinter den dunkelgrünen, von Löwenzahn gesäumten Wiesen. Ein Postkartenmotiv, das ich mir an diesem Tag hart erarbeite.

Das Traisental wird jetzt enger. Einige Laubbäume haben hier noch gar keine Blätter, letzte Nacht hat es bis in die Wipfel der Tannen geschneit. So weit nach unten, dass der Fahrtwind nach Schnee riecht und ich froh bin, dass ich nicht nur meine Sonnenbrille, sondern auch ein Paar Handschuhe eingepackt habe. Mit jedem Kilometer, den ich zurücklege, wird die Luft kühler und die Landschaft rauer. Die schneebedeckten Gipfel rücken näher. Und die trügerischen fünf Prozent Steigung verwandeln sich bald in einen sportlichen Anstieg. Die Passstraße nach Gscheid bringt mich ins Schwitzen, und dennoch grinse ich bis über beide Ohren. Denn ich mag sie – diese Anstiege, die nur im kleinsten Gang zu bewältigen sind, die deine Beine kribbeln lassen, während du dich auf das freust, was danach kommt. In diesem Fall ist das nicht nur eine sanfte, aber stete Abfahrt, sondern aus meiner Sicht einer der schönsten Abschnitt des gesamten Traisental-Radwegs: Der Abschnitt, der zwischen den märchenhaft klingenden Bergkuppen von Burgmauer, Trariegel und Wallnerhöhe hindurch führt, fühlt sich fast nordisch an. Ursprünglich, wenig befahren, echt. Der Fluss gluckert hier etwas wilder, weil er sich weniger Platz hat erobern können, dafür ist die Stille der Landschaft lauter. 

Eine letzte Pause vor dem Endspurt nach Mariazell mache ich am Hubertussee. Ich bin ganz alleine hier, nur ein Kuckuck leistet mir hörbar Gesellschaft. Sein Ruf hallt von den Fichten bis zu mir.

Nach Mariazell geht es weiter bergab, nach den mehreren Dutzend Kilometern heute, die ich bergauf getreten habe, fühlt sich Radfahren hier wie Fliegen an. Und nach den letzten Serpentinen, die ich doch noch einmal kräftig in die Pedale treten muss, liegt es dann vor mir – in einer Postkartenidylle zwischen Löwenzahn-Wiesen und verschneiten Gipfeln: Mariazell. 


Tourdaten: 62 Kilometer, 1.100 Höhenmeter aufwärts, 540 Höhenmeter abwärts.

Besondere Wegpunkte: Stift Lilienfeld, Holzskimuseum St. Aegyd, Hubertussee, Rechengraben Bürgeralpe Mariazell.

Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.


Tipps für den Traisentalradweg

Reisezeit

Dank des vergleichsweise milden Klimas im Donautal kann der Donauradweg beinahe ganzjährig befahren werden. Zumindest dann, wenn die Wege frei von Schnee sind. Bis nach Mariazell legen Radfahrer:innen jedoch mehr als 1.100 Höhenmeter zurück. Wenn in Traismauer Frühling ist, könnte in Mariazell noch Restschnee liegen. Die optimale Reisezeit für eine Fahrradtour auf dem Traisentalradweg ist deshalb zwischen Mitte April und November. Wer ganz sicher ohne Rest- oder Neuschnee unterwegs sein möchte, fährt zwischen Mai und Oktober.

An- und Abreise

Die Anreise mit dem Zug ist bequem: Von Deutschland aus fahren mehrmals am Tag Züge nach Krems oder St. Pölten. Hier steigen Radfahrende in eine Regionalbahn um und starten die Reise entweder in Herzogenburg kurz hinter Traismauer – oder alternativ vorher in Krems. Zwischen Krems und Traismauer liegen etwa 20 Kilometer auf dem Donauradweg.

Am Ende der Radreise haben Radfahrende verschiedene Möglichkeiten, um klimafreundlich vom Ziel zurück zum Start zu reisen – oder zum nächsten gut angebundenen Bahnhof: Der Radtramper-Bus verkehrt von Mai bis Oktober zwischen St. Pölten und Gscheid. Besonders originell ist aber die Fahrt mit der Mariazellerbahn: Die längste Schmalspurbahn Österreichs verbindet die niederösterreichische Landeshauptstadt St. Pölten mit dem steirischen Wallfahrtsort Mariazell.

Wichtig zu wissen: Sowohl für die Züge der Deutschen Bahn als auch für die der Österreichischen Bundesbahn brauchst du ein Extra-Ticket für das Fahrrad, die Plätze sind begrenzt.

Orientierung

Als Traisentalradweg ist in beide Richtungen hervorragend ausgeschildert. Dennoch empfehle ich immer, sich nicht gänzlich auf solche Markierungen zu verlassen – seien sie auch noch so gut. Wie immer habe ich mir meine Route vorher als geplante Tour auf komoot angelegt und den Track dann auf meine GPS-Uhr gezogen.

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