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Niederösterreich: Mit dem Gravelbike durchs Waldviertel

„Hier ist ganz schön viel Landschaft in der Landschaft.“ Das ist die Antwort des Betreibers meiner kleinen, feinen Unterkunft für die erste Nacht im Waldviertel, als ich ihn frage, was ihm hier am besten gefalle. Als Abschluss seiner prompten Erklärung zuckt er mit den Schultern. Es scheint, als wäre damit für ihn alles gesagt. Ich nicke höflich. Ahne, was er meinen könnte. Wirkliche verstehen werde ich es später, nachdem ich die ersten Kilometer mit dem Fahrrad zurückleget habe. Den Anfang von drei Tagen im Waldviertel, das ich mit meinem Gravelbike erkundet habe. Auf schmalen, holprigen Waldpfaden, auf aussichtsreichen Forstwegen, im Wald, zwischen Feldern.

Die Tage im Waldviertel waren abwechslungsreich, keiner wie der andere, und doch hatten sie alle eines gemeinsam: Sie haben mich begeistert. Weil all die Pfade und Wege wie gemacht fürs Gravelbiken sind. Und weil ich sie größtenteils komplett für mich allein hatte.

Dieser Blogbeitrag erzählt von meinen Touren im Waldviertel – eine wilde, ehrliche Region im äußersten Nordosten Österreichs. Neben ausführlichen Tourenbeschreibungen findest du weiter unten im Beitrag einen Serviceteil, der dir hilft, wenn du ebenfalls eine Reise ins Waldviertel planen magst.


Werbehinweis: Ich bin glücklich, dass ich mit Waldviertel Tourismus zusammenarbeiten darf. Die Radtouren, die ich in diesem Blogbeitrag vorstelle, habe ich auf Einladung der Region erlebt. Daher gilt dieser Artikel als Werbung für diesen Kooperationspartner. Meine Meinung wird dadurch aber freilich nicht beeinflusst.


Auf dem Granittrail von Gmünd nach Groß Gerungs

Kann mich mal wer kneifen? Ich fühle mich wie in einer Postkarte: auf einem Fahrradtrail in endlos weiter Landschaft. Felder wechseln sich mit Wald ab, manchmal rolle ich durch beschauliche Dörfer. Sie sind oft der einzige Hinweis darauf, dass ich doch nicht komplett allein im wilden Waldviertel unterwegs bin. Andere Radfahrer:innen habe ich bisher nämlich noch keine getroffen, obwohl ich schon gut zwei Drittel der heutigen Etappe auf dem Granittrail zurückgelegt habe. 40 von 60 Kilometer, die es manchmal steil bergauf geht, manchmal gewinne ich sie hingegen wie von selbst. Manchmal bin ich auf breiten Schotterwegen zwischen Wiesen und Weiden unterwegs, manchmal holpert mein Fahrrad auf schmalen Waldwegen über Wurzeln und Felsen.

Der Granittrail ist eine ausgewiesene Mountainbike-Mehrtagestour und führt auf insgesamt 153 Kilometern und mit mehr als 3.000 Höhenmetern durch das Waldviertel bis zur Donau. Seine gesamte Strecke beginnt an der tschechischen Grenze in Gmünd und führt über Groß Gerungs, Bärnkopf, Gutenbrunn und Altenmarkt nach Persenbeug. Seinen Namen verleihen dem Granittrail die Granitfelsen, die im Nordwesten Niederösterreichs die Landschaft prägen.

Was für mich die Landschaft in dieser Region außerdem besonders macht: Die Landschaft in der Landschaft. Denn während ich die Wege ganz für mich allein hatte und kaum jemanden getroffen habe, haben mich Eichhörnchen am Wegesrand begleitet, schreckhafte Rehe, das Klopfen der Spechte. Und unzählbar viele Weitblicke. Jetzt verstehe ich, ich habe es direkt vor mir, was der Betreiber meiner Unterkunft hat sagen wollen: Er hat vom Platz gesprochen. Vom Platz, der hier im Waldviertel noch Platz hat. So viel, dass ich meist nur ein winziger Punkt in üppigem Grün bin.


Tourdaten: 59 Kilometer, 960 Höhenmeter aufwärts, 780 Höhenmeter abwärts.

Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.

Übernachten: Ich habe eine Nacht im Avia Motel am Rande von Gmünd verbracht. Die Lage ist besonders dann sehr praktisch, wenn du mit dem Auto ins Waldviertel reist. Gmünd ist aber auch mit der Bahn gut erreichbar. Nach Absprache ist es hier nämlich kein Problem, das Auto für mehrere Tage stehen zu lassen. Es gibt außerdem Einstellmöglichkeiten für Fahrräder und E-Bikes können kostenlos geladen werden. Wegen der direkten Nähe zu Tankstelle und Straße ist die Umgebung eher trubelig, aber die Zimmer sind neu und wirklich sehr sauber.


Auf der Kamp-Thaya-March-Radroute von Zwettl nach Rosenburg

Obwohl ich die Höhenmeter von der Etappe auf dem Granittrail an diesem zweiten Morgen im Waldviertel noch in den Beinen spüre, kann ich es kaum abwarten, mich wieder aufs Fahrrad zu setzen. Vom Granittrail muss ich mich zwar verabschieden – aber auch mein Programm für heute und morgen ist vielversprechend: Ich werde zwei Tage lang auf der Kamp-Thaya-March-Radroute zwischen Zwettl und Krems unterwegs sein.

Die Kamp-Thaya-March Radroute zählt zu den schönsten Radfernstrecken Österreichs. Auf mehr als 400 Kilometern finden Radfahrer:innen sowohl entspannte als auch anspruchsvolle Streckenabschnitte. Im Waldviertel startet die Tour sportlich, geht allmählich ins sanfthügelige Weinviertel über und führt rund um Retz an Weinrieden und romantischen Kellergassen vorbei. Der Abschnitt zwischen Zwettl und Rosenburg, der heute vor mir liegt, zählt demnach zu den sportlichen. Und dennoch kommen auf die Höhenmeter, die ich aufwärts zu bewältigen habe, ein paar mehr Höhenmeter abwärts. Während ich die erste Abfahrt hinab rolle, kann dem Fahrtwind in meinem Gesicht gar nicht genug danken. Vor allem, nachdem ich in der Woche zuvor auf einer anderen Radreise in Niederösterreich einen Tag lang nur bergauf gefahren bin.

Heute nicht. Heute geht es immer ein Stück länger bergab als bergauf. Das führt auch dazu, dass ich die Etappe besonders entspannt angehen lasse. Das fällt mir grundsätzlich leichter, wenn ich weiß, dass vor mir kein Mammutanstieg liegt. Dass ich abends nicht in ein Wettrennen gegen die untergehende Sonne geraten werde, wenn ich lange Pausen einlege. Plätze für diese entspannten Rastphasen gibt es heute genug: zum Beispiel am Ottensteiner Stausee und auf einer Bank am Weiher von Schloss Waldreichs.

Auf der zweiten Hälfte dieser Tagesetappe strample ich gegen einen frisch aufgezogenen Wind an, der den Raps auf den Feldern wild tanzen lässt. Mit jedem Kilometer wird der Wind stärker, der Widerstand sogar bei den Abfahrten spürbar. Ich muss kräftig treten, anstatt rollen lassen zu können. „Keine Sorge, der Wind ist morgen wieder weg!“, ruft mir ein entgegenkommender Radfahrer zu.


Tourdaten: 56 Kilometer, 400 Höhenmeter aufwärts, 650 Höhenmeter abwärts.

Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.

Übernachten: In Zwettl habe ich im neuen Hotel I’M INN beim Brauhaus übernachtet. Auch hier gibt es einen großen Parkplatz, auf dem du dein Auto nach Absprache für mehrere Tage stehen lassen darfst, und einen absperrbaren Fahrradkeller. Es gibt außerdem einen 24 Stunden Self-Check-In und wirklich unglaublich leckeres Frühstück.
In Rosenburg bin ich im Landgasthof Mann besonders herzlich empfangen worden. An meinem Anreisetag hatte das Team Ruhetag, nach voriger Absprache ist mir trotzdem ein Abendessen gerichtet worden.


Auf der Kamp-Thaya-March-Radroute von Rosenburg nach Krems

Nun ja, was soll ich sagen? Weg ist der Wind heute leider nicht. Entgegen der Prognose des Radfahrers, der mir gestern auf den letztern Kilometern der Etappe Mut zusprechen wollte, wehen die Böen heute sogar noch stärker. Mich werfen sie dennoch weniger aus der Bahn – weil die Etappe von Rosenburg nach Krems zumindest in den ersten zwei Dritteln windgeschützt am Ufer des Flusses Kamp entlang führt.

Auf den ersten Kilometern bin ich mir sicher, dass das meine liebsten dieser Etappe sein werden: Hier führt der Radweg dicht am Flussufer entlang. Das Wasser gluckert, die Vögel zwitschern, und die dichten Baumkronen wiegen sich im Wind. Ein Kranich stolziert durch das Schilf auf der anderen Uferseite, im Wald hinter mir klopft ein Specht. Immer wieder halte ich an, staune, höre. Auf einer Brücke stehe ich eine ganze Weile, es ist beinahe meditativ, wie das Wasser rauscht und die Bäume sich biegen.

Auch diese Etappe auf der Kamp-Thaya-March-Radroute führt mich weiter abwärts als aufwärts. Durch das Kamptal rolle ich hinab in die liebliche Landschaft des Donautals. Je näher ich der Donau komme, desto mehr verändert sich die Landschaft.

Weniger Fichten, mehr Laubbäume, Weinreben statt Kornfelder, lieblich statt rau.

Meine Mittagspause verbringe ich in der LOISIUM Weinwelt. Nicht zum Weintrinken (versteht sich) sondern für einen Mittagssnack (auch das versteht sich) und für den Besuch in einem außergewöhnlichen Museum, das die Tradition und Geschichte der Region aufleben lässt: In der Loisium Weinwelt können Besucher:innen das eineinhalb Kilometer lange Weinkeller-Labyrinth besichtigen. Die Bögen und Gänge sind teilweise bis zu 900 Jahre alt. Ich habe einen Audioguide dabei, mit dem ich an 18 unterschiedlichen Stationen mehr über die Weinverarbeitung und die Geschichte des Weinguts erfahre. Das Weingut verwandelt sich damit in eine Art interaktives Museum.

Die letzten Kilometer nach Krems fordern anschließend noch etwas Trittkraft. Wer mag, kann hier noch eine weitere Pause einlegen: in der längsten Kellergasse Österreichs in Rohrendorf. Hier gibt es 72 Presshäuser und Kellerröhren, von denen die meisten bis heute gepflegt und gewartet werden. Der Großteil davon stammt aus der Zeit nach 1848. Einige Keller aber wurden nachweislich schon im 14. und 15. Jahrhundert ausgehoben. Nach Krems sind es von hier aus keine zehn Kilometer mehr.


Tourdaten: 42 Kilometer, 260 Höhenmeter aufwärts, 330 Höhenmeter abwärts.

Route: Hier geht’s zu meiner Route auf komoot.


Tipps fürs Gravelbiken im Waldviertel

Hinkommen und Rumkommen

Wer mit dem Zug aus Deutschland ins Waldviertel reisen möchte, hat dazu mehrere Verbindungen pro Tag zur Auswahl. Die Knotenpunkte und Umsteigebahnhöfe sind Linz, Krems und St. Pölten. Wichtig zu wissen: Sowohl für die Züge der Deutschen Bahn als auch für die der Österreichischen Bundesbahn brauchst du ein Extra-Ticket für das Fahrrad. Die Plätze sind begrenzt.

Zusätzlich zum Angebot der ÖBB verkehrt zwischen Mai und November die Waldviertelbahn zwischen Gmünd, Groß Gerungs und Litschau. Fahrräder werden hier sogar kostenfrei transportiert. Die Kamptalbahn pendelt zwischen Rosenburg und Krems an der Donau.

Orientierung

Alle Routen, die ich in diesem Blogbeitrag beschreibe, sind hervorragend in beide Richtung beschildert. Dennoch empfehle ich immer, sich nicht gänzlich auf solche Markierungen zu verlassen – seien sie auch noch so gut. Wie immer habe ich mir die Touren vorher auf komoot angelegt und den Track dann auf meine GPS-Uhr gezogen.

Sehenswürdigkeiten

Die Radwege im Waldviertel schlängeln sich nicht nur durch weite, abwechslungsreiche Landschaften – sondern auch durch ziemlich viel Kultur und Historik. Entlang des Weges liegen neben viel Natur auch Kunst und Kultur. Einen Überblick sowie detaillierte Informationen zu den Sehenswürdigkeiten gibt’s auf der Seite der Region.

Verpflegung

In den Ortschaften entlang des Weges gibt es immer wieder Gasthäuser. Manchmal sind die Abstände aber groß und das Angebot an Lokalen klein. Informiere dich also am besten vorher – besonders auch über Ruhetage und Öffnungszeiten. In Rosenburg beispielsweise ist der Landgasthof Mann die einzige Verpflegungsmöglichkeit. Während meiner Reise hatte das Restaurant Montag und Dienstag Ruhetag. Kein Problem, wenn du dich vorher erkundigst und beispielsweise rechtzeitig eine Brotzeitplatte o.ä. anfragst.

Für die Pausen unterwegs habe ich vorsichtshalber immer selbst Snacks und eine Verpflegung für mittags dabei. Ich starte außerdem immer mit vollen Wasserflaschen.

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